Mittwoch, 23. September 2020

Unterwegs in San Marco



23.9.2020

Um 8:30 ist von mir ausgewählte Frühstückszeit. In Zeiten von Corona muss ich jetzt erst einmal  lernen, mir mein Frühstück zusammenzustellen.  Am Abend zuvor soll ich auf einem DinA4- Bogen viele kleine Kreuzchen machen. Das, was dann auf meinem Tisch landet, ist so etwas wie eine Überraschungstüte, aber essbar.  Berühmt für tolle Frühstücksideen sind Italiener ja eher nicht, sie haben eben auch ihre eigenen Gewohnheiten. Ich werde satt, und Nachbestellen klappt problemlos. 

Ganz oben gibt es eine Terrasse. Dort könnte man gegen Aufpreis von 10€ ( !!! ) frühstücken. Es gibt nur wenige Tische, und die sind um 9 Uhr noch nicht einmal von nächtlichen Regentropfen befreit. Es ist auch noch recht kühl draußen. Da unten schon zu wenig Personal vorhanden ist, würde man oben sicher am besten mit einem mitgebrachten Müsli sitzen, wenn überhaupt.

Aber nun gehe ich endlich los. An der seitlichen Fassade des Hotels fällt mein Blick auf die Spiegelungen im Wasser. Im Laufe des Tages werden noch viele dazu kommen. 

Ich lasse mir Zeit, mache eine erste Runde ums Hotel, will die Gegend erkunden und einen Supermarkt ausfindig machen. Da es praktisch an jeder Ecke etwas zu sehen gibt, fällt die Runde doch deutlich länger aus als geplant, ich kenne mich diesbezüglich... 




Die Piazza Campo Santa Maria Formosa ist erreicht. Hier irgendwo soll der Supermarkt sein.













    Am Campanile der Chiesa Santa Maria Formosa kann man noch eine ausdrucksstarke Fratze (männliche Gargoyle Figur, ein Maskaron, Maskenrelief, oder wie auch immer man sie nennt) entdecken, deren Sinn das Abwehren von bösen Blicken gewesen sein könnte. Die Kirche selbst, eine Renaissance- Kirche aus dem 15. Jahrhundert, werde ich später anschauen. Jetzt bin ich bereits auf dem Weg zum Hotel. Die kleine Brücke, den direkten Zugang zum Hotel, habe ich erreicht.

    Den Einkauf habe ich erledigt, und nun bin ich erst einmal erledigt. Es ist schwül. Ich brauche eine Pause, aber bald bin ich wieder unterwegs. 

    Mein Weg führt mich vorbei an dem kleinen Platz, nur wenige Schritte von meinem Hotel entfernt. Dort gibt es einige einladend aussehende Lokale. Das merke ich mir schonmal für den Abend.


    Danach tauche ich in die Gassen ein und bekomme nicht nur die Seufzerbrücke, sondern auch einige andere von ihrer Rückseite zu sehen. Von den Menschenmassen, die sich vor Corona hier hindurch schoben, ist nichts zu sehen.


    Dann lande ich am Wasser und gehe in Richtung Marktplatz.

    schon wieder die Seufzerbrücke



    der Dogenpalast

                                                               am Markusplatz

    Einen verwunschenen Park entdecke ich wenige Schritte vom Markusplatz entfernt. Hier kann ich mich entspannen und die vielen Eindrücke erst einmal sortieren. 

    Es sind die Königlichen Gärten oder Giardini Reali, die bereits Anfang des 19. Jahrhunderts unter Napoleons Herrschaft angelegt wurden. 

    Jedenfalls konnte eine Patrizierin aus Turin vor 5 Jahren die Gärten in die Obhut einer Stiftung (Venice Gardens Foundation) übernehmen. Unter Aufsicht eines Architekten und eines Gartenbauarchitekten wurden sie architektonisch und vom Baumbestand her so hergerichtet, wie sie im frühen zwanzigsten Jahrhundert ausgesehen haben. Erst seit Dezember 2019 sind sie wieder öffentlich zugänglich und wunderschön!


    Die Spatzen vergnügen sich in üppigen Hortensienblüten. So wie man die Bienen nicht mehr sieht, wenn sie in Blüten verschwinden, so machen es hier die Spatzen. 


    In einer Ecke gibt es sogar ein paar Kaffeetische. Für schlappe 7,50€ gibt es hier einen Cappuccino, hätte ich ihn drinnen getrunken, allerdings im Stehen, hätte ich nur 2,50 bezahlt. Aber Sitzen musste sein.   


    Erst später lese ich, dass das Café ein renoviertes ehemaliges neoklassizistisches Caféhaus von 1816 ist, das aber nun statt eines wienerischen einen italienischen Namen hat. Jetzt, zu Zeiten von Corona, ist es jedenfalls ein großes Glück, die Gärten in solch einer Ruhe genießen zu können! Der Eingang zu den Gärten und dem Café liegt ein bisschen versteckt, sodaß sicher auch viele Menschen vorbeilaufen, ohne sie wahr zu nehmen.

    Wenige Schritte weiter ist die Haltestelle San Marco- Giardinetti, nebenan kann man gleich in die Gondeln umsteigen. Ihre hölzernen Zustiege hüten die Gondolieri wie ihre Augäpfel und lassen keinen drauf. Ich habe Glück. Es ist kein Aufpasser in Sicht. Den kleinen Reiher möchte ich bei seinen Übungen zum Abflug etwas genauer beobachten. Es dauert, ist aber spannend und schön zugleich.


    Ich lasse mich weiter treiben.




    In dieser Strasse reihen sich die Geschäfte mit den Edelmarken aneinander. Es herrscht gähnende Leere. Shoppingtime ist wohl nicht nachmittags angesagt. Auch einige Kunstgalerien befinden sich hier. Ich bewege mich immer noch im Stadtteil San Marco.



    Die Kirche mit den vielen Namen stellt sich mir in den Weg.


    Dies ist die "Chiesa del Santa Maria del Giglio", die noch unter einigen anderen Namen bekannt ist.                                                                                                                      Da gibt es in  einer Seitenkapelle, der Capella Molin,  ein Gemälde von Tintoretto und eines von  Rubens, dem  einzigen von ihm in Venedig.                                                                                                                          Das Jesuskind von Rubens ist genau von der Sorte, die ich absolut nicht leiden kann, weil es so plump und unnatürlich gemalt ist, jedenfalls nach meinem Geschmack.  Das größere Kind soll Johannes der Täufer sein auf dem Bild mit dem Namen "Maria mit Kind und dem Johannesknaben".

                                                       

    Diese Kirche mit der ziemlich prunkvollen Fassade soll die älteste Kirche Venedigs sein, ursprünglich aus dem 9. Jahrhundert, wurde aber im 17. Jahrhundert neu errichtet. Interessant sind die Figuren an der Fassade, die keine Heiligen darstellen, sondern Familienmitglieder einer gut betuchten Familie, die sich hier mit Hilfe von viel Geld eigentlich unverdienten Ruhm zuschreiben und sich bei Gott so einen bevorzugten Platz sichern wollten.

       

    Aber jetzt bin ich zurück im weltlichen Bereich und laufe weiter dahin, mal sehen, wohin die Füße mich tragen.



    Ich bin nicht zufällig in Pisa gelandet! Auch Venedig hat seinen schiefen Turm, den Campanile der Chiesa  di Santo Stefano. Und Plätze, besonders um die Kirchen herum, gibt es reichlich hier, den einen mit gutem Blick auf den schiefen Turm und den anderen direkt bei der Kirche, ziemlich bevölkert vor allem wohl wegen der großen Cafés.

    Die Kirche Chiesa di Santo Stefano wurde im Jahre 1294 von Mönchen der Augustinerklause gegründet und im Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgebaut. Als man den angrenzenden Kanal dabei überbaute, entstand eine Besonderheit, die bestehen blieb. Und so soll man auch heute noch mit einem Boot unter der Kirche hindurch fahren können.  

    Im Gegensatz zu anderen Kirchen ist sie relativ hell und geräumig, auch fallen die vielen Spitzbögen auf roten Marmorsäulen mit bemalten Kapitellen ins Auge.

    Nun bin ich eigentlich schon auf dem "Heimweg". Da stellt sich mir in einem kleinen Innenhof noch Kunst in den Weg.



    Kunst gibt es aber nicht nur bunt und modern, sondern auch an Häusern und Mauern, dann eben weniger farbig, dafür äußerst langlebig.



    Vielleicht bin ich bald da?

    Weit gefehlt. Ich bin schon wieder am Canal Grande gelandet. Das war nicht mein Plan! Jetzt stehe ich an der Accademia- Brücke. Von ihr hat man allerdings einen wunderbaren Blick auf den Canal Grande, weswegen ich die Aussicht auch sehr genieße. Bei dem Licht ist es besonders schön.



    An dem Gebäude unten kann man deutlich die Bauweise erkennen. Eine üppige Fassade erscheint wie vorne aufgeklebt, während die deutlich sichtbaren anderen Wände aus eher einfachen roten Ziegelsteinen bestehen.



    Und schon wieder ein schöner Platz! Alles in der Nähe der Accademiabrücke auf der Seite von San Marco. Auf der anderen Seite befindet sich der Stadtteil Dorsoduro. Der ist ein andermal dran.

    Noch einmal ein bißchen auf die Ponte Dell' Accademia.

    Ursprünglich war das Holzkonstrukt, das innerhalb von 37 Tagen auf den Grundpfeilern der Vorgängerbrücke erbaut und 1933 fertig gestellt wurde, eine Übergangslösung, davon ist aber lange nicht mehr die Rede. 


    Auch zu ihren Füßen wartet ein Gondoliere auf zahlungswillige Kundschaft. In Zeiten von Corona sitzen sie viel herum. Mindestens 80 Euro für 30 Minuten Fahrt ist halt auch eine Menge Geld.

    Blicke von oben!

    Hier trenne ich mich nur schwer, weiß aber endlich, wo es lang geht zu meinem Hotel. Ich muss am Markusplatz vorbei gehen.

    Hier wird gefiedelt, dort das Klavier bearbeitet. Die beiden Traditionscafés haben zu tun!


    Es hilft alles nichts. Durch ein paar Gassen muß ich noch hindurch.


    Zum dritten mal komme ich bei Santa Maria vorbei, jedesmal hat sie in einem anderen Licht dagestanden.


    Der Platz ist im Abendlicht viel einladender als am Morgen.

    An dem kleinen Brückchen (unten) komme ich täglich vorbei. Es ist jedesmal eine Augenweide.

    Endlich. Diese leckere Pizza habe ich mir redlich verdient.





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