1.10.2020
Ein ausgiebiges Frühstück ist nicht zu verachten. Heute ist mein letzter Ferientag in Venedig. Morgen früh kann es hektisch werden.
Gegen 10 Uhr laufe ich los. Der übliche Weg führt zum Wasser, und dann geht's hinein in ein Vaporetto Richtung Bahnhof. Es ist trüb heute, man spürt den nahenden Herbst.
Auf dem Kanal ist schon reichlich Betrieb. Bei diesem Wetter wirkt alles wieder völlig anders als bei Sonnenschein.
Das untere Bild zeigt einen freien Blick auf das Peggy Guggenheim Museum und seine Terrasse.
Heute fallen mir mehr Gebäude auf, die schon eine ziemliche Seitwärtsneigung zeigen und auch sonst dem Verfall ziemlich nahe zu sein scheinen. Wobei es ja überhaupt ein großes Wunder ist, dass so viele Häuser bisher überhaupt dem Wasser standgehalten haben.
Der Kanal ist eine große Strasse, auf der alles auf Schiffen transportiert wird. Es geht also auch ohne Busse, Lkw's, Mopeds und Pkw's.
Geschafft! Aus- oder Umsteigen an der Ponte della Constituzione ist angesagt. Endhaltestelle. Ich steige aus, suche mir den Weg in den Bezirk San Polo und überlasse es dem Zufall, auf was ich treffen werde.
Kleine, gut besuchte Osterias scheint es auch hier zu geben, zu erkennen an der Menschenmenge davor.
In dieser Galerie haben Strickkünstler ausgestellt!
Die Gasse wird enger, aber belebter. Da hinten scheint was los zu sein.
Ich bin bei der Scuola Grande di San Rocco gelandet.
Anfang des 16. Jahrhunderts wurde mit dem Bau des prächtigen Gebäudes begonnen, und gegen Ende des Jahrhunderts hatte Jacopo Tintoretto sich dort mit mehr als 50 Gemälden verewigt.
Die Scuola Grande war eine der reichsten Bruderschaften Venedigs, vor allem durch den Besitz wertvoller Reliquien soll sie den Reichtum erlangt haben. Wie gut, dass man noch zusätzlich durch Ablaßverkäufe seine Kassen auffüllen konnte! Diese Schulen, bzw. Bruderschaften taten sich durch Wohltätigkeiten, auch im Bereich der Alten- und Krankenpflege hervor, was sie selbst aber nicht davon abhielt, in den prächtigsten Gebäuden völlig unbescheiden zu residieren.
Alleine diese Eingangshalle (Sala Terrena) umfasst 700 qm! Die Wände sind geschmückt mit Szenen aus dem Leben von Jesus und Maria, gemalt natürlich auch von Tintoretto. Ein Altar am Ende weist darauf hin, dass hier wohl auch Andachten abgehalten wurden.
Der Treppenaufgang zum Sala Capitolare im ersten Stock ist pompös, wie eigentlich alles hier.
Der Saal ist eine Art Sitzungssaal (Sala Superiore oder Sala Capitulare genannt). Dieser Saal ist noch größer als die Eingangshalle.
2 kleinere Räume sind im ersten Stock angegliedert, und im 2. Stock kann man einen sehr kleinen Museumsraum mit überwiegend sakralen Gegenständen besichtigen. In der Souvenir- Buchhandlung Parterre gibt es haufenweise Bücher vor allem über Tintoretto zu erstehen.
Von so viel Tintoretto im Großformat bin ich erst einmal erschlagen. Zum Glück gibt es fast nebenan eine leckere Pizza auf die Hand.
Wie fast überall in Venedig, muss man kaum einmal um die Häuser gehen, und schon erwartet einen die nächste Attraktion. Ich stehe vor der Basilika di Santa Maria Gloriosa dei Frari.
Erbaut wurde sie von Franziskanern zwischen dem 13. und 14. Jahrhundert, zu Ehren und zur Erinnerung an die Auffahrt der Maria in den Himmel. Ein Altar wurde von Tizian gestaltet, dem selbst ebenfalls ein Denkmal gewidmet wurde.
Schon beim Betreten der Basilika kann sich der Blick durch das riesige Kirchenschiff und den schmalen Eingang des ungewöhnlichen Chorgestühls hindurch auf den von Tiziano gestalteten Altar mit der Auffahrt Marias in den Himmel richten.
Maria steht im Mittelpunkt und wird auch heute noch inbrünstig verehrt.
Neben dem Hauptschiff gibt es noch einige Seitenkapellen, alle natürlich mit prächtigen Altären, Fußböden, Skulpturen und Dekorationen.
An den Wänden hängen hoch oben etliche Särge, wohl überwiegend mit den sterblichen Überresten von Dogen. Der Phantasie bei der Gestaltung der aufwendigen Grabmäler wurden dabei offenbar keine Grenzen gesetzt.
Am allermeisten fasziniert mich aber in dieser Kirche das Chorgestühl, das aus der Mitte des 15. Jahrhunderts stammt.
Dieses Denkmal zu Ehren Tizians steht im vorderen Teil des Kirchenschiffs.
Und nun geht es für mich nur noch zum Ausgang. Irgendwann muß Schluß sein. Mein Kopf ist schon ziemlich voll heute.
Draußen wird wieder einmal gefeiert. Das Abschlußexamen hat sich hingezogen. Der Kandidat trägt nun stolz seinen Lorbeerkranz!
Ich schlendere durch die Gassen, vorbei an Straßenkunst, kleinen Galerien und Geschäften mit den für Venedig typischen Souvenirs.
Da kommt mir schon wieder eine Kirche in die Quere, in der sich Jacopo Tintoretto und sein Sohn Domenico Tintoretto verewigt haben. Wie in einigen anderen Kirchen kostet es einen Euro, wenn man sich die Bilder statt im Halbdunkel bei mehr Beleuchtung ansehen möchte. Hier gibt es aber so viele Bilder und daneben herrliche Orgelmusik, das ich darauf verzichte, mich auf die Suche nach den Herren Tintoretto zu machen. Da wo jemand sich Beleuchtung erkauft hat, waren jedenfalls die Hauptwerke nicht zu entdecken.
Gleich gegenüber der Kirche fällt ein sehr schöner Palazzo auf. Er gehört heute teilweise zu einer Universität, die dort Räume gemietet hat. Es handelt sich hier um den Palazzo Barbarigo Nani Mecenigo. Der komplizierte Name setzt sich u.a. aus dem Namen der Erstbesitzer und dem der jetzigen Eigentümer zusammen. Erbaut wurde er bereits im 15. Jahrhundert! Er gilt als exzellentes Beispiel für die venezianische Gotik. Die beiden Portale Parterre gelten als typisch für diese Zeit.
Weit ist es nicht mehr zum Canal Grande, aber kaum ein Schritt ohne Sehenswertes. Wie soll ich dabei mal flott weiterkommen?
Das Lokal an der Academia Brücke hat mir schon die ganzen Tage gut gefallen. Jetzt ist es an der Zeit, einen Platz am Wasser zu suchen.
Ich halte es über eine Stunde aus und bekomme sogar Besuch direkt an meinem Tisch!
So langsam peile ich mein Hotel an. Wie ich mich kenne, wird es sowieso noch ein Weilchen dauern, bis ich dort ankomme.
Ich überquere die Brücke und lande in Kürze noch einmal bei der Galerie, in deren Innenhof ich ganz am Anfang meines Aufenthaltes bereits war. Heute hat sie geöffnet, und es ist kein Problem, dort auch zu fotografieren.
Werke von Carole Feuerman haben sie nicht nur draußen, sondern auch drinnen reichlich ausgestellt, offenbar ist das die Lieblingskünstlerin der Galeriebetreiber. (Galerie: Bel Air Fine Art) Daneben gibt es aber auch viele andere sehr interessante Werke mir unbekannter Künstler.
Eigentlich könnte ich hier noch viel länger bleiben, aber es wird langsam dämmrig.
Vorbei an weiteren Galerien komme ich dann doch noch am Markusplatz an, um der Stadt ein letztesmal "Gute Nacht" zu sagen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen