Mittwoch, 30. September 2020

alte und neue Kunst, Chiccetti und Canal Grande satt

30.9.2020

Ich habe viel vor heute. Zuerst will ich ins Museum des Markusdoms und am Nachmittag ins Guggenheim Museum. Also los geht's.

Wie fast immer, komme zuerst am Markusplatz vorbei. Da ist schon ein kleines bißchen was los.




Der Markusdom ist leider wegen Renovierung geschlossen. Vom angegliederten Markusmuseum aus, das Ende des 19. Jahrhunderts gegründet wurde, soll man aber einen kleinen Einblick in die Kirche bekommen. Es wurde nach Renovierung und räumlicher Vergrößerung erst kürzlich wieder eröffnet. Die Schlange am Eingang ist unwesentlich, also nehme ich die Gelegenheit gleich wahr.
Kaum 10 Minuten und viele steile Treppen später stehe ich auf der Empore, von der man in den Dom blicken kann. Es wirkt alles schon sehr prächtig.



Nach vielen weiteren Treppenstufen komme ich in die Räume, in denen Mosaike, Teppiche, alte Manuskripte und vieles mehr ausgestellt werden.




Die 4 bronzenen Pferde draußen vor der Empore sind Nachbildungen. Die Original-Quadriga steht hier im Museum und ist ursprünglich Raubgut aus Konstantinopel. Dort stand sie einst am Hippodrom. 
Den Platz, an dem sie ausgestellt sind, finde ich ziemlich beengt. Da natürlich auch ständig Besucher darum herum stehen, kommen sie gar nicht richtig zur Geltung.


1797 war Venedig noch Hauptstadt der Republik Venedig und eine der größten Städte Europas. Es kam zu politischen Umwälzungen, und zunächst hatten die Franzosen das Sagen. Beim Rückzug aus der Stadt glaubte Napoleon, eine günstige Gelegenheit erwischt zu haben und nahm die Quadriga gleich mit. 

Die Habsburger hatten nach Frankreich dann fast 70 Jahre lang Venedig unter ihrer Fuchtel. Dem nicht besonders beliebten Kaiser Franz Josef gelang es später, die Pferde wieder nach aus Paris zurück nach Venedig zu holen.


Auf der Terrasse des Doms hat man einen guten Blick in fast alle Richtungen, vor allem, wenn das Wetter mitspielt.


Nach dem Museum geht es jetzt für mich in den Stadtteil Dorsoduro. Dort liegt das Peggy Guggenheim Museum, und dafür habe ich im Internet gerade noch eine einzelne Eintrittskarte bekommen können.

Mit einem Vaporetto überquere ich den Canal Grande und steige an der großartigen Kirche Santa Maria della Salute aus. Die habe ich mir schon angesehen, aber ich bin noch nicht dahinter, auf der anderen Seite des Canal Grande entlang gegangen. 

Die Gondolieri haben nichts zu tun. Kundschaft ist nicht in Sicht.


Die ruhige Uferpromenade am Canale della Giudecca (also hinter der Kirche) wird auch Zattere genannt, nach den Flößen, die hier früher mit viel Holz aus den Dolomiten anlandeten. Ob es hier in Nicht- Coronazeiten voller ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Bis 2019 soll sogar Kreuzfahrtschiffen die Durchfahrt genehmigt worden sein. Diesem Spuk wurde allerdings schon vor Corona ein Riegel vorgeschoben.

Neben einer kleinen Halle mit geparkten Booten, vielleicht ja auch Reparaturwerkstatt, können die Schiffe gleich ins Wasser gelassen werden.


Ich entdecke interessante Gänge mit uralten Holzbohlen an der Decke, kleine Querkanäle als Verbindung zum Canal Grande und interessante Gebäude.





Jetzt biege ich ab und laufe am Rio San Travoso entlang, der in den Canal Grande führt. Offenbar werden die kleinen Querkanäle Rio genannt. Alsbald komme ich zu einer der letzten Gondelwerkstätten von Venedig, der Squero di San Trovaso, neben der Kirche San Trovaso.


Ihr gegenüber liegen gleich 2 Osterien. Beide sind sehr gut besucht. Ich entscheide mich für die Cantine del Vino Già Chiavi, die mir empfohlen wurde. Die Auswahl ist groß. 30 Sorten dieser kleinen Baguettescheibchen mit phantasievollem Belag, genannt Chiccetti, sollen zur Auswahl stehen. 
Alles sieht total lecker aus und schmeckt auch so. Sie werden auf Papptellern serviert und den Wein, den die meisten draußen trinken, gibt es nur im Plastikbecher. 
Die Chiccetti kosten 1,50 das Stück und der Wein soll recht günstig und gut sein.
Der Cappuccino wird mir in einer Porzellantasse gereicht, weil ich drinnen bleibe.
Durch besondere Kundenfreundlichkeit fällt hier leider niemand auf. Ein Lächeln habe ich bei keinem der Mitarbeiter entdecken können. Wenn sie schon zu Coronazeiten so gestresst wirken, wie mag es sein, wenn hier Heerscharen von Bootstouristen hereinströmen?
Die Räume des Ladens scheinen mir recht alt zu sein. Auch hier entdecke ich die dicken alten Holzbalken, die mich so faszinieren.
Die Osteria Al Squero, ein paar Schritte weiter, ist die 2. Osteria am Platz und soll genauso gute Chiccetti haben, dazu gäbe es noch freundliche Gesichter und eine Kundentoilette, die Chiavi nicht hat. So steht es jedenfalls in etlichen Bewertungen. Ich kann es nicht beurteilen.





So langsam mache ich mich jetzt auf in Richtung Museum, auch wenn ich am liebsten noch mehr dieser Köstlichkeiten probieren würde.

Richtig prächtig scheint das Geschäft mit den Gondeln nicht zu laufen. Ich lese zwar immer wieder, dass man 30 Minuten auch für 'nur' 40 Euro bekommen kann, aber grundsätzlich werden 80 Euro verlangt. Da ich keinerlei Begabung fürs Handeln habe, frage ich gar nicht erst nach. Wozu habe ich denn meine Füße dabei?


Ich gehe weiter und schaue wieder einmal staunend in die Fenster der vielen Galerien. Manche sind geöffnet, und man fühlt sich auch als Besucher willkommen.



Und weiter geht der Nachmittag mit Kunst.
Das Guggenheim- Museum ist sehr gut besucht. Schon ein paar Tage vorher sind die Karten online ausgebucht, natürlich auch bedingt durch Corona und die entsprechenden Limitierungen. 


Im Museumsgarten stehen einige Skulpturen. Dort befindet sich auch ihr Grab, gleich neben ihr sind 14 ihrer heiß geliebten Hunde begraben! Über das Thema gibt es einen sehr interessanten Artikel in der Zeitschrift MADAME 4/2020. Wen der Artikel über Peggy, ihr Leben und speziell ihr Leben mit ihren Hunden interessiert,  kann sich ja den Link kopieren und lesen.

https://www.madame.de/stars-und-ihre-geliebten-hunde-1283526.html?image=1





Durch die Gitter in den Ausstellungsräumen hat man einen schönen Blick aufs Wasser. Das Gebäude selbst ist ein unvollständiger Palast aus dem 18. Jahrhundert, der Palazzo Venier dei Leoni. 
Sie kaufte ihn, nachdem sie 1948 erstmals an der Biennale teilnahm und danach ihren Wohnsitz nach Venedig verlegte. Hier im Palazzo wurde ab 1949 die Peggy Guggenheim Collection auch öffentlich zugänglich.


Von der Terrasse des Museums aus schaut man bis zur Ponte dell'Academia und auf der anderen Seite bis zur Santa Maria della Salute. Auch der Zugang zur Terrasse und der Wiedereintritt ins Museum gestaltet sich langatmig durch coronabedingte Limitierungen.


Von Marc Chagall, über Paul Klee bis hin zu Salvador Dalí sind sie alle vertreten und noch viel mehr.


Dass jemand für die folgenden 3 Bilder Geld bezahlt hat, löst bei mir Kopfschütteln aus. Die Kunst daran besteht für mich nur darin, dass derjenige es geschafft hat, es als Kunst zu vermarkten und Käufer zu finden. Aber das ist ja alles reine Geschmacksache.


Das Papier ist in Wirklichkeit nicht schattiert, jedenfalls für meine Augen nicht. Die " Kunst" hat wohl darin bestanden, Rechenkästchen zu vergrößern!


Ein bißchen Farbe auf alte Spüli- oder Haarwaschmittelflaschen, und schon darf man zu den wenigen Menschen zählen, denen es gelingt, in den weltberühmten Museen der Stiftung Peggy Guggenheim als Künstler auszustellen. Aber Achtung! Den richtigen Namen muß man wahrscheinlich schon haben!


Im absolut unspektakulären Café erhole ich mich von so viel Kunst auf doch recht kleinem Raum, verbunden mit coronabedingten Stops und Warteschlangen. Außer mir sitzt gerade noch ein einziger Gast hier. In einem schmalen Innenraum entdecke ich eine ganze Menge interessanter Fotos aus Peggy Guggenheims Leben.


Ganz in der Nähe ist die nächste Haltestelle. Zuerst kommt ein Boot, das in Richtung Bahnhof fährt. Warum nicht, denke ich. Ich habe ja nichts zu tun, kann die Strecke ja fahren, so oft ich will. Es gibt immer etwas, was ich bei den vorigen Fahrten noch nicht entdeckt habe. Die Schiffe fahren ja nicht meinetwegen im Schneckentempo, sondern sind öffentliche Verkehrsmittel.
Die Gondolieri warten immer noch auf Kundschaft. Das Sonderangebot von mittags ist lange vorbei. Da brachten sie einen für 2 Euro einmal quer über den Kanal.


Die Rialto Brücke taucht auf. Immer wieder schön und jedesmal ein bisschen anders, genau wie das Licht.


Die nicht ganz unumstrittene Ponte dell'Accademia wirkt im späten Licht auf einmal rötlich. Hier ist die Endhaltestelle, und man muss zum Zurückfahren umsteigen.


Dabei bekomme ich die Rialtobrücke auch einmal gut von ihrer Hinterseite zu sehen.


Der Canal Grande wirkt fast wie ausgestorben. 


Es wird bald Abend, auf dem Markusplatz finden sich allmählich die Verkäufer kleiner Flugobjekte ein, die man in die Luft wirft und die dann trudelnd und leuchtend wieder herunterkommen. Macht den Kindern Spaß, Erwachsenen auch. Leider halten sie nicht lange.
Die anderen jungen Männer versuchen Kundschaft für ihr Taubenfutter zu finden. Hat ein Tourist es gekauft, versammeln sich die Tauben um ihn, vielleicht auch auf seinem Arm, und die perfekten Fotos können gemacht werden. Vor 40- 50 Jahren brauchte man dazu keine Zwischenhändler. Da war es ein Direktgeschäft zwischen Tauben und Menschen.


Man strömt zum Wasser. Der Sonnenuntergang wird erwartet und ein Vollmond dazu.




Mir fällt ein, dass ich noch nie im Dunkeln auf dem Canal war. Also rein ins nächste Boot und noch eine Tour hoch und runter.


Auf der Ponte dell'Academia drängeln sich die Menschen, weil man von hier einen wunderschönen Blick über den Canal Grande hat.




Schön war's und es wurde blitzschnell richtig dunkel. 
Das ist der Startschuß zum Wechsel des Outfits. Die letzten Hochzeitsfotos müssen in den Kasten.


Für solche Sperenzien ist nach ein paar Ehejahren keine Zeit. Man will sich ja auch mal unterhalten. Kein Problem. Die Kinder kriegen einen Kopfhörer aufgesetzt und ein iPad vor die Nase. Schon ist es wie bei ersten Date.  Ob der volle Mond dazu etwas zu sagen hätte?




Heute geht's heim !

2.10.2020 Das ist richtiges Abschiedswetter, morgens um 8. Alles ist vorbereitet. Acqua alta wird erwartet und zwar ziemlich heftig. Aber es...